Interaktionstechniken des Dialogs (Syntaktische Ebene)InteraktionsartenEin wesentlicher Unterschied zwischen Interaktionstechniken, wie beispielsweise Befehlseingabe oder Menüauswahl, ist der, ob sie benutzergeführt oder systemgeführt sind, d.h. ob die Dialoginitiative im wesentlichen beim Benutzer oder beim Computersystem liegt. Der Lernende oder gelegentliche Benutzer eines Systems wird die Systemführung vorziehen, weil er nicht genügend Kenntnisse über die Systembenutzung hat, um selbst die Initiative zu ergreifen. Er wird auf das Angebot des Computers angewiesen sein, um einen Dialog zu führen. Dem Erfahrenen jedoch kann dieser Modus der Interaktion zu ineffektiv und nicht flexibel genug für seine Wünsche sein. Ihm ist mit der benutzergeführten Interaktion besser gedient. Das System sollte also einen Übergang von einem Modus zum anderen zulassen, wenn beide Benutzertypen damit arbeiten. Die Vorteile des einfachen Überblicks, der intuitiven Erlernbarkeit, einer hohen Produktivität und der Benutzerinitiative verbindet die Interaktionsweise der direkten Manipulation. Ihre große Beliebtheit ist sicher darauf zurückzuführen. Dennoch kann es Benutzer geben, die für häufig vorkommende Arbeiten mit dem Befehlsmodus eine noch bessere Anpassung an ihre Bedürfnisse und eine höhere Produktivität erreichen. Eine Integration des Befehlsmodus in eine grafische Oberfläche mit direkter Manipulation stellen die Smartikons dar, bei denen ein vordefiniertes Befehlsmakro über ein Bild aufgerufen wird. Benutzer- versus systemgeführte InteraktionstechnikenDer offensichtliche Siegeszug grafischer Oberflächen wie DOS/Windows, OS/2 Presentation Manager, HP NewWave u.a darf einen nicht vergessen lassen, daß Benutzer mit großer Übung und alltäglichem Gebrauch von Computern sich durch die Manipulation von Menüs oder grafischen Objekten eher behindert als gefördert fühlen. Ihrem Bedürfnis nach Effektivität und Flexibilität kommen dagegen textorientierte Oberflächen und Kommandoeingaben sehr entgegen. Ihre Eingaben mögen für den Anfänger erschreckend aussehen, der Bildschirm mag auf den ersten Blick einen sehr "unergonomischen" Eindruck machen, aber diese Benutzer erreichen damit die von ihnen angestrebte Produktivität und Zufriedenheit. Daher sind solche benutzergeführten Oberflächen durchaus ergonomisch angemessen, wenn sie auf die richtige Gruppe von Benutzern treffen. Ein typischer Arbeitsplatz dieser Art ist z.B. das Check-in auf den Flugplätzen. Der wesentliche Vorteil der systemgeführten Interaktionstechniken ist der, daß sich der Benutzer weniger merken muß. Ihm werden vom System immer die Handlungsmöglichkeiten angeboten, die zur Zeit möglich sind, die Benutzeraktivität ist auf die Auswahl der nächsten Aktion (Menü) oder die Eingabe der abgefragten Information (Prompt, Formular) eingeschränkt. Der Lern aufwand für den Anfänger ist also erheblich geringer. Da der Benutzer die Menüs oft nicht verändern kann und weil
er sich für die gleiche Funktion immer wieder durch den Menübaum
hangeln muß, leiden für den Experten Flexibilität und Effektivität.
Dem versucht man entgegen zu wirken, indem man oft benutzte Funktionen
mit Tastenkombinationen aufrufen kann und die Bildung von Makros zuläßt,
für die allerdings eine eigene Makrosprache zur Verfügung stehen
und erlernt werden muß. Lotus 1-2-3 und Quattro Pro sind Beispiele
menüorientierter Programme mit Makroeinrichtungen. Ein erleichterter
Zugriff zu den Makros wird erreicht, wenn diese in einem eigenen Menü
angeboten werden. Das ist etwa bei Ami Pro der Fall, wo die Makros außerdem
mit Bildzeichen dargestellt werden, den sogenannten SmartIcons. Das Anklicken
eines SmartIcons ruft die dahinter stehende Funktionsfolge des Makros auf.
SmartIcons haben eine andere Syntaktik und Semantik als die Icons der direkten
Manipulation und sind nicht mit diesen zu verwechseln. SmartIcons sollten
sich daher nicht im Arbeitsfeld des Benutzers sondern nur in einer deutlich
getrennten Menüleiste befinden. Die Vielzahl der angebotenen Makros
macht es unter Umständen schwer, gut identifizierbare bildliche Darstellungen
zu finden.
Direkte ManipulationEine besonders gute Analogie zu unserem eigenen, praktischen Handeln in
der realen Welt stellt die direkte Manipulation dar. Wir drücken nicht
durch ein Kommando aus, daß eine Datei vernichtet werden möge,
sondern ergreifen ein Dokument und werfen es in den Papierkorb. Es kommt
uns daher als Benutzer von Computern psychologisch sehr entgegen, auch
auf dem Bildschirm in analoger Weise direkt mit den Objekten arbeiten zu
können. Welche Eigenschaften diese Objekte dann haben müssen,
das ist bei der Grundlegung für die objektorientierte Programmierung
herausgearbeitet worden (siehe Literaturverzeichnis: Ingalls, 1961, sehr
lesenswert). Da den Objekten selber zugeordnet ist, welche Eigenschaften
sie haben, welche Behandlung sie zulassen und mit welchen Methoden, braucht
der Benutzer nur noch auszudrücken, was mit einem Objekt geschehen
soll, nicht wie es ausgeführt werden muß. Auf diese Weise ist
für ihn die technische Durchführung, d.h. die Funktion des Betriebssystems,
nicht mehr sichtbar. Er legt ein Dokument in einer Mappe ab (durch drag
and drop) und weiß nichts von der Speicherung der entsprechenden
Datei in einem Verzeichnis oder Unterverzeichnis der Festplatte.
Künstliche WirklichkeitMit der steigenden Verarbeitungskapazität von Computern werden die Aufgaben des Benutzers nicht nur erleichtert, sondern auch in gewisser Hinsicht erschwert. Besonders wird es immer schwieriger, die steigende Menge von Daten und grafischen Objekten, die gleichzeitig zur Verfügung stehen und bearbeitet werden können, zu ordnen und zu überblicken. Hier sehen arbeitsbezogen denkende Informatiker eine Möglichkeit, Daten und Objekte wie in einem dreidimensionalen Raum darzustellen und sich darin zu bewegen, zu navigieren, bis man die gesuchten Objekte gefunden hat. Man würde also die abstrakte Datenwelt sinnlich erfaßbar darstellen als künstliche Wirklichkeit und sich in ihr unter der Kontrolle der Sinne (hauptsächlich des Gesichtssinns) darin bewegen. Dies ist keine Vortäuschung von Wirklichkeit, die sich an die Stelle real erlebbarer Wirklichkeit setzen kann, wie das in virtuellen Welten, wie sie für Spiele erzeugt werden, denkbar ist. Einen großen Nutzen haben künstliche Wirklichkeiten heute schon da, wo die Realität nicht mehr oder noch nicht existiert oder das Agieren in ihr zu gefährlich oder zu teuer ist. Archäologen rekonstruieren längst zerfallene Bauten und Städte, Architekten durchwandern von ihnen erdachte Häuser, Hallen und Straßen, um sie visuell zu erfahren und zu erproben, Lernende erleben alle Situationen der von ihnen später zu steuernden Flugzeuge, Kraftwerksanlagen usw.
Bildformat der AnwendungGenauso wie bei den Dialogtechniken stehen dem Designer viele erprobte Möglichkeiten zur Verfügung, den Fensterinhalt, das Bild der Anwendung zu gestalten. Für den Bereich des PCs oder des intelligenten Terminals hat sich allerdings das Layout nach IBM SAA/CUA (OS/2 Presentation-Manager) oder Windows so sehr durchgesetzt, daß man sich aus Konsistenzgründen immer nah an dieses Vorbild anlehnen wird. Für Textterminals sind ebenso Firmenstandards vorhanden. Ihnen
liegen die gleichen Prinzipien zu grunde. Das Arbeitsfeld ist klar getrennt
von den Informationsfeldern. Da auf Textterminals keine Fenster für
Nachrichten geöffnet werden können, haben Informationen feste
Positionen, so daß sie leicht wiederzufinden sind. Sie kennzeichnen
möglichst eindeutig das Bild und seinen Inhalt und Zweck, und sie
informieren den Benutzer über den Systemzustand und den Fortgang der
Arbeit.
BildinhaltBis auf die direkte Manipulation von Objekten lassen sich auch für
Textterminals alle wesentlichen Typen von Bildinhalten gestalten. Bei den
Menüs ist für den Benutzer besonders deutlich zu machen, ob er
eine einzelne oder eine Mehrfachauswahl treffen kann oder muß. Eine
besonders interessante Variante der Liste (insbesondere Dateiliste) entsteht,
wenn ihr eine Spalte für den Eintrag von Befehlen gegeben wird. Das
eingetragene Kommando bezieht sich dann auf das Objekt in der entsprechenden
Zeile. Dabei hat man also die Übersicht einer Liste mit der Effektivität
und Flexibilität der Kommandoeingabe verbunden.
Zeichenorientierte und grafische BenutzungsoberflächenErfahrungen der Benutzer und wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß beide Stile der Systemoberflächen ihre Berechtigung haben. Der Siegeszug der grafischen Oberflächen bedeutet keineswegs, daß zeichenorientierte nur Nachteile hätten. Während der ersten Lernphase von Anfängern ergeben beide Oberflächen die gleiche Lerngeschwindigkeit. Danach erreichen Benutzer der grafischen Oberfläche schneller eine gewisse Fertigkeit im Umgang mit dem System, letzten Endes erreichen aber beide den gleichen Stand. Die intuitiv erfaßbare direkte Manipulation grafischer Objekte scheint dazu zu verführen, sich mit weniger Systemkenntnissen zufrieden zu geben und den Lernprozeß früher abzubrechen, was leichter zu einem unvollständigen oder falschen mentalen Modell des Systems beim Benutzer und dadurch zu häufigeren Fehlern führt. Die grafischen Objekte sind meist sehr allgemein: "Dokument", Liste",
zeichenorientierte spezifischer, weil auf die besondere Arbeitsaufgabe
hin programmiert: "Vertrag", "Verkaufsorder", "Flugreservierung". Dementsprechend
ist die Arbeit mit zeichenorientierten Oberflächen meist effektiver
und weniger umständlich. Kommt noch hinzu, daß die Reaktionsgeschwindigkeit
des Systems bei nichtgrafischer Darstellung erheblich höher ist, dann
ist leicht verständlich, daß viele professionelle Systeme für
intensive, routinemäßige, tägliche Benutzung zeichenorientierte
Oberflächen haben.
MeldungenLeider kann man an vielen Programmen erleben, daß Meldungen des Systems
an den Benutzer nicht die notwendige Orientierung auf ihn erkennen lassen.
Sie scheinen oft aus der Tiefe des Programms zu kommen, von einer Stelle,
an der dem Programmierer einfiel, daß hier dem Benutzer etwas mitgeteilt
werden müsse. Solch eine Meldung nimmt dann eher Bezug auf den Programmstatus
als auf die Informations-, d.h. Kontrollbedürfnisse des Benutzers.
Sie stellt einen Systemstatus dar, ist in einer technischen Sprache formuliert,
die der Benutzer nicht entschlüsseln kann, und versucht Speicherplatz
zu sparen. Letzteres und das verständliche Bemühen, zusätzliche
Arbeit und Programmkode zu vermeiden, führt auch zu der häufigen
Verwendung von Standardmeldungen wie: "Syntaxfehler", "Fehler beim Drucken"
u.ä. Da sie auf viele Fälle passen müssen, können sie
für keinen einzelnen spezifisch und genau genug sein, um die Kontrollbedürfnisse
des Benutzers zu befriedigen. Sie hinterlassen vielmehr den Eindruck, aus
einer Zeit der Entwicklung der Datenverarbeitung zu stammen, in der dem
Benutzer eh kein Verständnis für sein Arbeitssystem zugetraut
wurde und hinter ihm ständig der allwissende Techniker oder Organisationsleiter
stand. Viele Benutzer haben das immer als eine Entmündigung erfahren,
was es auch war, und dagegen rebelliert. Der Wille zu mehr Eigenbestimmtheit
hat letzten Endes zu dem Erfolg der Abteilungsrechner, d.h. der Dezentralisierung
der Datenverarbeitung im Betrieb geführt. Jetzt müssen aber dem
Benutzer auch die angemessenen Informationen für seine Kontrolle des
Systems und des Dialogs gegeben werden und dazu gehören verständliche,
situationsbezogene Meldungen, die als ein echter Teil des Dialogs geschrieben
werden.
PromptsWährend die Reaktion des Benutzers auf eine Meldung sehr unterschiedlich sein kann, von der Nichtbeachtung bis zu einer spezifischen Aktion, wird vom Prompt eine genau definierte Handlungsweise angefordert, z.B. das Einschalten eines Geräts oder die Eingabe einer bestimmten Information. Von dieser Handlung hängt der Fortgang des Dialogs ab. Was oben von den Meldungen gesagt worden ist, gilt ganz allgemein auch für die Prompts. Als Handlungsaufforderung an den Benutzer müssen sie besonders genau und direkt verständlich sein, um die Möglichkeit von Fehlhandlungen einzuschränken. |