
Sehen
Optische Wahrnehmung
Das auf der Netzhaut empfangene, gefilterte und kodierte, optische Signal
wird im Gehirn gespeichert und verarbeitet. Dabei interpretieren wir das
Signal auf Grund unserer bisherigen Erfahrung. Wir sind z.B. in der Lage,
die Größe von Gegenständen und deren wechselseitige Verhältnisse
einzuschätzen und ihre reale Form zu beurteilen, obwohl das auf der
Netzhaut empfangene Bild nur zweidimensional ist. Wir können auch
den Vordergrund vom Hintergrund trennen und so Muster aus dem Hintergrund
herauslösen und erkennen. Insbesondere in der Darstellung dreidimensionaler
Objekte oder Räume auf dem zweidimensionalen Bildschirm ist darauf
zu achten, daß die Wahrnehmung des Betrachters die geeigneten Hinweise
auf die Dreidimensionalität und die Größenverhältnisse
bekommt, um die Interpretation richtig vornehmen zu können.
Diese Interpretation berücksichtigt aber nicht nur unsere bisherige
visuelle Erfahrung, sondern kann auch durch gesellschaftliche Konventionen
bestimmt sein. In der Kunst ist die sog. Bedeutungsperspektive bekannt.
Der Künstler hebt bedeutende Personen durch ihre unverhältnismäßige
Größe gegenüber unbedeutenden hervor. So stellen wir stets
das von uns Wahrgenommene in einen Zusammenhang, in einen Kontext mit dem
von uns schon Gewußten und interpretieren es so, wie es uns in diesem
Zusammenhang sinnvoll erscheint.
Eine besondere Eigenschaft der menschlichen Bilddeutung hat die Gestaltpsychologie
beschrieben. Bildeindrücke werden danach von uns so vervollständigt,
daß sich eine möglichst gute Gestalt ergibt. Solch eine Gestalt
ist möglichst geschlossen, so daß wir uns bemühen, vollständige
Linien oder Flächen zu sehen. Wir ergänzen in unserer Interpretation
das Gesehene also zu erkennbaren Gestalten. Einige Gestaltgesetze können
für die Anordnung von Texten in Tabellen und Formularen gut benutzt
werden. Z.B. besagt das Gesetz der Nähe, daß wir nahe bei einander
stehende Figuren als eine Linie auffassen. Das ist etwa auch der Fall,
wenn man die Zeilen dieses Textes aus etwas größerer Entfernung
betrachtet. Man hat eine ganze Anzahl von Gestaltgesetzen formuliert, von
denen für uns vor allem die Gesetze der Nähe und der Gleichheit
von praktischer Bedeutung sind. Sie erlauben dem Programmierer von Benutzungsoberflächen
durch Aneinanderreihen von Zeichen Linien zu erzeugen, durch Leerzeichen
und -spalten Blöcke abzugrenzen. Dadurch kann auch auf einem Textbildschirm
ohne grafische Funktionen Übersichtlichkeit geschaffen werden.
Farbe und Hervorhebungen
Gesättigte Farben (z.B. tiefrot gegen tiefblau) können nicht
gegeneinander abgegrenzt werden. Farben werden auch sehr individuell empfunden,
und wir müssen uns bewußt bleiben, daß ein bestimmter
Anteil der Menschheit Farben nicht gut erkennen oder unterscheiden kann:
8% der männlichen und 0,4% der weiblichen Europäer sind farbfehlsichtig
- vorwiegend rot-grün.
Gelegentlich sollen Teile der Darstellung auf dem Bildschirm hervorgehoben
werden, ohne daß dabei Farbe verwendet werden soll oder kann, z.B.
auf monochromen Bildschirmen oder weil angenommen werden muß, daß
der Benutzer zur Zeit gerade nicht auf den Bildschirm schaut. Dann ist
der Einsatz von doppelt hellen Zeichen, inversen Darstellungen, Bewegungen
(Blinken und Animation) oder akustischen Signalen angezeigt. Sie erregen
die Aufmerksamkeit des Benutzers besonders dadurch, daß bewegte Objekte
vordringlich wahrgenommen werden. Es wichtig zu bedenken, daß diese
Zeichen unsere Aufmerksamkeit deshalb so wirkungsvoll auf sich zeihen,
weil sie uns eigentlich unangenehm sind. Sie sollten deshalb sofort abgeschaltet
werden, sobald die beabsichtigte Reaktion des Benutzers eingetreten ist.
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