Diese temperamentvolle Stimme aus einer Debatte über das Wesen der Ergonomie habe ich der Maillist SW-ERGO-NEWS entnommen. Prof. Frieder Nake hatte dort seine hier wiedergegebene Meinung am 27.8.1998 veröffentlicht. Die markierten Kürzungen betreffen nur Einzelheiten, deren Zusammenhang der Leser hier nicht verstehen würde.

 

Keine Einigkeit zwischen Software-Ergonomen und -Gestaltern? 

Vielleicht.
Schlimm wäre es ja nicht. Aber vielleicht doch, nicht gleich Einigkeit, 
Verständigung, Verstehen, reicht doch auch. So was wie Einsicht in den Standpunkt des und der anderen. Aber nicht, um Himmels Willen nicht, auf Teufel komm raus.

Die Crux liegt doch vielleicht im Unterschied, dem gravierenden, des
jeweiligen Regelwissens. Design hat ja Regelwissen. Die vielen schönen Bücher der Designer, egal welcher Richtung und Spezialität, belegen das (manche sind auch nicht so schön). Dort breiten sie ihr Wissen aus, naja: ihre Erfahrung. Exemplarisch. Immer exemplarisch. Die Regeln der Designer sind Erfahrungsregeln. Keinerlei, kaum Verallgemeinerung. Hier  ist ein Fall, so ist er zu fassen, darum ging es, das war mein Ansatz, so was ist dabei rausgekommen, es erscheint mir gelungen insoweit, weniger gelungen in anderem. Von dieser Art ist das Design-Regelwissen. Stets und immer heftigst kontextbezogen. Immer von Einzelnatur. Immer Anregung, nie Zustimmungszwang. Nicht logisch-deduktiv, sondern ästhetisch-fallweise.

Die Mathematiker im Extrem, die Ingenieur- und Naturwissenschaften im Gefolge, haben und schaffen Regelwissen anderer Art (so jedenfalls im letzten Ergebnis, nicht im Weg dorthin). Diese Regeln verlangen
Zustimmung. Wer sich überhaupt auf die Frage einläßt, um die es geht, der oder die MUSS die Regel akzeptieren, ihr folgen, sie anwenden. Nicht fallweise. Sondern: ein Problem als zu einer bestimmten Klasse gehörig erkennen und dann Regelwissen drauf anwenden, zwangsweise.

Die armen Software-Ergonomen, die ihre Herkunft aus den Folterkammern der deutschen Rationalisierung und damit der Ausquetschung der Arbeitskraft zu gern vergessen, die wollen halt zu gern die Weihen jener strengen Wissenschaft auf sich herabwünschen. Deswegen, ... , ihre ständigen Bestrebungen, schon wieder einen Kontext zu negieren im einzigen Verlangen, jenes strenge Regelwissen zu erzeugen, das es im Design nicht geben kann. Nicht KANN!

In dieser Klemme nun hocken sie drin. Sie können folgendes tun:

  • die Obsession der Objektivierung aufgeben und zugeben, daß es subjektiv (nicht gleich beliebig, bewahre!) zugeht im Design. Ach, wär das schön.
  • oder aber auf dem Müllhaufen der Geschichte zu landen.

Das sage ich sonst mit meinem Spruch: Software-Ergonomie geht entweder im Design auf oder sie geht unter.

Wie schlagend ... die ... Hinweise auf abstruse und absurde Zumutungen von Ergonomen. In der Tat, sowas wie die nie und nimmer anders sein dürfende Größe der Schrift und weiteres Derartiges aus den Nähkästchen der Typographen und Layouter zusammengeklaubtes vermeintlich gesichertes Wissen, ach wie doof das doch ist. Und wie armselig die rührenden Ergonomen-Anstrengungen, das alles in DIN zu fassen.

Objektiviert, objektiviert, das sind Moses und die Propheten für sowas
wie Gestaltung von Benutzung. "Gestaltung"? Auch den Begriff, diesen
schönen deutschen, verhunzen sie. Das Bauhaus reklamieren sie ohnehin jetzt ständig für sich. Unverstanden, kritiklos.
...
Um Nachsicht bittend, Frieder Nake